MARABO

Missfits im Fernsehen

Unter der Erde des Ruhrgebiets

Wenn auf einer Beerdigung der Song " I will survive" in der Küche gecovered und der Verstorbene anschließend mit einer Polonaise zu Grabe getragen wird, spätestens dann macht die Fernsehserie " der Tod ist kein Beinbruch " ihrem Titel alle Ehre. Für die Bestattungen der anderen Art sind Gerburg Jahnke und Stephanie Überall, wohl besser bekannt unter dem Namen "Missfits" in insgesamt sechs Folgen zuständig.

Mit den " Missfits " sprach Jutta Witte.

Ganz natürlich, offen und gut gelaunt sitzen sich Gerburg Jahnke und Stephanie Überall im Oberhausener Restaurant " Gallo " gegenüber. Für die Missfits ist das Marabo-Interview ein Heimspiel. Die Kellnerin hat die beiden Damen mit einem freundlichen Händedruck begrüßt und serviert ihnen wenige Minuten später einen Milchkaffee, einen Cappuccino und eine große Flasche Wasser.

Dass ihre im November und Dezember geplante Tournee erst einmal ins Wasser fällt, ist zwar traurig, aber unumgänglich, denn Gerburg Jahnke muss noch eine Stimmbänder-Operation auskurieren - die ständige Artikulation ätzender Satire fordert ihren Tribut. Dennoch können die Missfits-Fans rundum Weihnachten auf ihre Kosten kommen, denn Ende November startet die TV-Serie " der Tod ist kein Beinbruch ". Nicht im dritten, sondern im ersten Programm, zur besten Sendezeit am Freitag Abend.

Ganz neu sind für Missfits-Fans die Geschichten um zwei Leichenbestatterinnen allerdings nicht. Den Stoff der Serie, die vom Westdeutschen Rundfunk produziert wird, hatten Gerburg Jahnke und Stephanie Überall bereits jahrelang in der Schublade liegen. Bereits 1994 verwendeten sie ihn für das Bühnenkabarettprogramm " Wo niemand wartet ". Äußerst derb ging es damals auf der Bühne zu, denn die beiden alten Damen " Matta und Lisbett ", die ihre lieben Mitmenschen unter die Erde brachten, waren nicht besonders zimperlich. Aus den kabarettistischen Kultfiguren wurden jetzt " Hilde " und " Mimi ".

In der " Neuverfilmung " gehen Gerburg Jahnke und Stephanie Überall mit dem Thema Tod auch nicht gerade verkrampft um, aber auch nicht respektlos. " Ich glaube, viele Menschen haben ein Problem mit dem Tod. Sie schieben ihn vor sich her und wollen sich nicht wirklich damit auseinander setzen ", erzählt Stephanie Überall, die in " der Tod ist kein Beinbruch " die Rolle der " Hilde " verkörpert.

Hilde Neumann ist perfektionistisch, ordnungsliebend, frisch getrennt von ihrem Mann. Was noch viel schlimmer ist: sie ist die Schwester von Mimi Deckers. Mimi, Sängerin mit Leib und Seele, jedoch frisch gekündigt, genießt ihr Leben in vollen Zügen ; ohne Rücksicht auf Verluste und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ganz nach dem Motto: " lieber einen Freund verlieren, als eine Pointe zu verschenken ". Unterschiedlicher können Geschwister gar nicht sein. Auf Grund der verschiedenen Lebensweisen und Einstellungen dieser beiden Charaktere wäre es besser, wenn sie sich aus dem Weg gehen würden. Das ließ sich bislang auch ganz gut einrichten - hätte ihr Onkel Hubert nicht das Zeitliche gesegnet. Der erleidet einen Herzinfarkt während der Übertragung des Pokalendspiels zwischen Rot-Weiß-Oberhausen und Schalke 04. Damit nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Auf der Trauerfeier des Verstorbenen begegnen sich die zerstrittenen Nichten nach längerer Zeit wieder. " Fünf Minuten vor der Zeit ; das ist die wahre Pünktlichkeit ", weist Hilde ihrer Schwester Mimi, die zur Beerdigung des Onkels zu spät in die Kirche platzt, zurecht. " Zicke, Zacke, Hühnerkacke" sei auch ein Sprichwort, kontert Mimi. Doch mit dieser ersten Begegnung, die vor spitzen Bemerkungen nur so sprüht, ist es nicht genug: der Verstorbene hinterlässt ausgerechnet den beiden Schwestern ein Wohnhaus im trostlosen "Oberhausener Realismus " sowie sein Bestattungsunternehmen " Fichte ".

" Das gibt es in Wirklichkeit natürlich nicht, sondern wurde extra für den Dreh nachgebaut ", wirft Geburt Jahnke ein. Die Außenszenen wurden übrigens alle in Oberhausen gedreht ; darauf haben Stephanie und Gerburg auch größten Wert gelegt. Kein Wunder - sind die zwei Damen doch hier Zuhause.

Nicht nur, dass sich Mimi und Hilde in diesem Geschäftsleben durch Zickereien und Sticheleien selber im Weg stehen ; nein, erschwert wird ihnen der Job zu dem noch von Konkurrent Klaus Pelzer (Michael Brandner), dem eine feindliche Übernahme des " Fichte - Bestattungsinstitutes " vorschwebt. Mit seinen Plänen beißt Pelzer der bei den Damen jedoch auf Granit. Auch wenn sie sich in vielen Angelegenheiten unterscheiden ; in dem Punkte sind sie sich ausnahmsweise einig: " Fichte " bleibt in Familienhand! Zwei Laien für viele Leichen also.

Schon öfter stellten Stephanie und Gerburg die Story einigen Sender vor, doch bislang wollte sie niemand verfilmen. Erst der WDR ließ sich dann auf diesen doch etwas schwärzeren Humor ein und beauftragte für die ersten sechs Folgen von " der Tod ist kein Beinbruch " den Bühnen - und Fernseh - Autor Dietmar Jacobs als Autor, der an der bereits bestehenden Idee noch ein wenig geschrieben und gefeilt hat. Von den Drehbuch waren die beiden Kabarettistinnen absolut begeistert.

Doch kann man sich überhaupt als Bühnendarstellerinnen an ein Drehbuch halten? Also nur wiedergeben, was vorgegeben ist, auch wenn man seit rund 20 Jahren sein " eigener Herr " ist und die Grundidee der Geschichte von einem selbst stammt?

Mit einem überzeugenden " Ja "können Jahnke und Überall diese Frage nicht beantworten. " Auf der Bühne können wir eben machen, was wir wollen ", so Stephanie Überall und nimmt einen letzten Schluck ihres Milchkaffees. Das ist vor einer Kamera natürlich nicht so. Da muss man sich halt auch mal ein etwas halten, was das Drehbuch oder der Regisseur, Thomas Nennstiel, vor gibt. Doch die Missfits wären schließlich nicht die Missfits wenn sie nicht hin und wieder ihren eigenen Kopf durchsetzen würden. Die gesunde Mischung zwischen eigenen Einflüssen und dem vorgegebenen Drehbuch ist es wohl auch, was die Serie auszeichnet.

" Wir hatten zum Glück ein fantastisches Team um uns herum. Das hat sehr viel Spaß gemacht, mit den Leuten zu arbeiten ", blickt Gerburg Jahnke auf die lange Drehzeit zurück, die bereits im Sommer 2001 begonnen hatte. Eine durchaus ungewöhnliche Arbeit für die Komödiantinnen. Wenn man bedenkt, dass es fast 14 Stunden Arbeit erforderte, um fünf Minuten Sendezeit zu produzieren.

Alles in allem hat den Missfits das Drehen jedenfalls viel Spaß gemacht. Zumindest wären sie nicht abgeneigt, wenn sich die Gelegenheit noch einmal bieten würde. Dennoch sind sich Stephanie Überall und Gerburg Jahnke ist sicher: die Bühne bleibt ihr Zuhause, denn da sind sie ihrem Publikum ganz nah.

Den Zuschauern vor den Fernsehern könne man schließlich nicht direkt in die Augen gucken und abschätzen, ob und wann sie lachen oder welche Szene ihnen besonders gut gefallen hat.

Und noch einen weiteren, lästigen Aspekte bringt das Fernsehen, oder vielmehr die Arbeit für das Fernsehen, mit sich: " dass viele schminken war sehr unangenehm. Morgens um 8 wurden wir mit Make-up zugekleistert ; zwischendurch wurde neu aufgetragen und erst 12 bis 14 Stunden später konnten wir das Zeug wieder abnehmen ", erzählt Gerburg Jahnke.

Marabo NR.:12 Dezember 2002
http://www.marabo.de/

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